Erinnern Sie sich an Ihre erste Begegnung oder ein besonderes Erlebnis mit Telemanns Musik?
Dass unser Langzeitgedächtnis sehr selektiv funktioniert, ist bekannt: Prägende Momente bleiben. Dazu scheint meine erste Begegnung mit Telemann zu gehören. Es wird in den 60-er Jahren gewesen sein, als es noch so etwas Schönes wie den Schulfunk im (damals) westdeutschen Radio gab. Als Schüler konnte man ihn nur hören, wenn man eben nicht in der Schule war: also hauptsächlich bei zu Hause verbrachten Krankheiten. Da gab es super gemachte Hörspiele zu allen möglichen Themen. Mich interessierten damals schon die Krimis aus der Musikgeschichte am meisten. Eines Tages dann: Georg Philipp Telemann in Eisenach im Streit mit Pantaleon Hebenstreit. Schon beider Namen übten große Faszination auf den 10-Jährigen aus. Aber erst die eingespielte Telemannsche Musik – es war die B-Dur-Ouverture aus dem 3. Teil der „Tafelmusik“: Ich war hingerissen. Meine ersten Schallplatten, die ich mir wünschte: alles Telemann. In unserer heimischen Musikbibliothek in Bielefeld gab es eine riesige Schallplattensammlung und schalldichte Hörboxen: da hab ich dann den ganzen vorhandenen Telemann immer wieder rauf-und runtergehört. Mutet heutzutage seltsam an für einen 10-15-Jährigen! Hat aber, wie man sieht, nicht geschadet.
Welche Komposition(en) Telemanns würden Sie mit auf die legendäre einsame Insel nehmen?
1. Die gesamte Tafelmusik, aber mindestens das große A-Dur-Doppelkonzert (Flöte, Violine) aus dem ersten Teil; 2. Das große Altersoratorium „Der Tag des Gerichts“; 3. Die „Ino“-Kantate, die das Tor zur Klassik aufmacht; 4. Das Passionsoratorium „Der Tod Jesu“; 5. Die Bläserkonzerte der cpo-Gesamteinspielung mit Michael Schneider.